frei werden

Heute kommt mit meinem 5. Gastbeitrag in Arkads Blog nun der 4.Teil meiner 3-teiligen Serie: „Gedanken eines Privatiers.“
Mal sehen, vielleicht schaffe ich es ja noch, Konrad Beikircher zu überholen, der inzwischen – glaube ich – mit dem 13. Teil seiner Rheinischen Trilogie auf Tour ist.

Das Thema soll heute die Steuern sein. Keine Angst, ich will hier nicht das komplette Steuerrecht auspacken, sondern Euch nur auf ein paar wichtige Dinge hinweisen.

Und wie es so meine Art ist, erst mal eine Vorbemerkung :

Es geht mir keinesfalls darum, jemand zum Steuerbetrug anzustiften !
Ganz im Gegenteil: Ich war zeitlebens steuer-ehrlich und habe alle Kapitalerträge fein säuberlich versteuert. Und nur wer Gewinne versteuert, kann auch Verluste geltend machen.

Also – alles, was ich hier erzähle, ist vollkommen Gesetzes konform !

Und noch eine Vorbemerkung : Ich finde, jeder sollte in der Lage sein, seine eigene Steuererklärung zu machen und die entsprechenden Gesetze und Regeln kennen. Und das gilt nicht nur für die Steuern, sondern letztlich für alle finanziellen Dinge, ob es nun Versicherungen, Bank-Geschäfte oder was auch immer geht. Wer sich auf andere verlässt, darf sich über nichts wundern ! Und bitte auch nicht einen EKSt-Bescheid einfach blind akzeptieren. Nachrechnen. Kontrollieren. Einspruch einlegen.

Nun aber genug der Vorrede ! Mir geht es heute um einen „Trick“ (wie gesagt – teilweise unglaublich, jedoch völlig legal !), den ich gerne einmal näher erläutern will. Es geht um den Stückzinstrick.

Der sog. Stückzinstrick ist wahrlich nichts Neues und (auch mir) schon lange bekannt, aber die wahre Bedeutung und die vielfältigen Möglichkeiten sind mir erst vor Kurzem klar geworden. Und so will ich Euch denn noch einmal an meinen Erkenntnissen teilhaben lassen.

Zunächst die Grundlagen : Wenn ich eine Anleihe kaufe, zahle ich die bis zu diesen Zeitpunkt aufgelaufenen Zinsen (eben die sog. Stückzinsen). Wenn ich später die Anleihe wieder verkaufe, erhalte ich im Gegenzug die bis dann aufgelaufenen Stückzinsen als Ertrag meiner Anleihe ausgezahlt. Niemand muss also bis zum Ende der Laufzeit bzw. zum nächsten Zinstermin warten, um seinen gerechten Anteil zu erhalten. Der jeweilige Anteil des Zinses ist durch die Stückzinsregelung zu jeder Zeit gewährleistet.

Und wo ist nun der Trick ? Nun der erste (und eben auch schon lange bekannt und sicher auch schon oft praktiziert) besteht darin, gegen Jahresende eine Anleihe zu kaufen, deren nächster Zinszahlungstermin Anfang des nächsten Jahres liegt. (Diese zeitlichen Randbedingungen erhöhen aber nur die Effizienz – Es geht auch anders). Die gezahlten Stückzinsen werden nun im laufenden Jahr als Kosten verbucht, die Summe der Kapitalerträge wird also reduziert. Je nach Höhe der persönlichen Erträge (und der Stückzinsen) kann man dadurch die Erträge unter die Pauschbeträge drücken und seine Erträge somit steuerfrei kassieren.

Selbstverständlich stehen den Kosten im laufenden Jahr entsprechende Einnahmen im Folgejahr gegenüber, wo sie die Erträge und damit die Steuer erhöhen. Somit handelt es sich nicht direkt um eine Steuer-Ersparnis, sondern nur um eine Verlagerung. Je nach persönlicher Situation kann sich aber im Endeffekt doch eine Ersparnis dabei ergeben. Insbesondere dann, wenn die Erträge unregelmäßig sind und sich in einem Jahr überdurchschnittlich hohe Erträge ergeben haben. Hier lohnt es sich in jedem Fall, über eine Verschiebung nachzudenken.

Und nun kommt der Trick für Fortgeschrittene :

Die etwas älteren unter uns werden sich noch an die Zeit erinnern (vor 2009), wo es noch keine Abgeltungs­steuer gab. Wer in den Jahren zuvor trotzdem seine Gewinne ordentlich versteuert hat, hatte eben auch die Möglichkeit, evtl. Verluste davon abzuziehen. Diese konnten aber nur mit entsprechenden positiven Kapital-Erträgen verrechnet werden. Waren nicht genug Gewinne vorhanden, konnte man die Verluste in die Folgejahre vortragen. Wird heute gerne unter dem Begriff „Altverluste“ geführt.

So – mal kurz aufstehen, auf wen das hier zutrifft ! Dürften nicht all zu viele sein: Schon älter und seit mindestens 5-6 Jahren Anleger, dazu steuer-ehrlich (ganz seltene Spezies) und auch noch Verluste, die nicht ausgeglichen sind. Gibt es da überhaupt noch jemand ?

Ach ! Doch noch zwei… Schön. Aber egal – auch für die anderen lohnt sich das Weiterlesen, dann wer den Trick einmal verstanden hat, kann ihn vielleicht auch für andere Situationen verwenden !

Das Problem mit den „Altverlusten“ ist, dass sie nur noch bis einschließlich 2013 mit Gewinnen verrechnet werden können. Danach verfallen sie. Und das wäre doch mehr als schade. Wo wir uns doch solch eine Mühe gegeben haben, die Verluste zu erwirtschaften !

Wer natürlich bis dahin genügend Gewinne einfahren kann (wichtig: Nur Gewinne aus Verkäufen zählen, keine Zins- oder Dividenden-Einnahmen !), ist fein raus, der kann diese mit den Altverlusten verrechnen und kassiert seine Gewinne in diesem Rahmen steuerfrei.

Aber was macht man, wenn man keine Gewinne hat (oder sie nicht realisieren will):
Nun – genau dazu gibt es den Stückzinstrick für Fortgeschrittene:

Dazu werden zwei Depots benötigt. Zunächst wird eine Anleihe für das Depot A gekauft, hier zählen die gezahlten Stückzinsen zu den Verlusten und erhöhen dort den Verlustverrechnungstopf, dann werden die Anleihen per Depot-Transfer in das Depot B übertragen und dort wieder verkauft. Hier werden jetzt aber die erhaltenen Stückzinsen dem Verkaufsgewinn zugerechnet und können am Jahresende mit den Altverlusten verrechnet werden.
Auch hier gibt es keine direkte Steuer-Ersparnis, sondern es findet eine Verschiebung von den (demnächst entfallenden) Altverlusten in neue Verluste statt.

Wer dieses Prinzip einmal verstanden hat, kann es auch unabhängig von irgendwelchen Altverlusten nutzen, um zusätzliche (künstliche) Gewinne zu erzeugen. Wird sicher eher selten benötigt, könnte aber in besonderen Situationen (z.B. größere Verluste, etc.) einmal dazu genutzt werden, die Kapitalerträge zumindest auf das Niveau der Sparerfreibeträge zu heben, damit diese nicht ungenutzt verfallen.

Welche Papiere sind dazu geeignet ?

Nun – im Prinzip eignet sich jede Anleihe. Ich selber bevorzuge Aktienanleihen, weil sie in der Regel einen höheren Kupon aufweisen und damit effektiver sind, d.h. es wird weniger Kapital für eine solche Steuer-Schiebe-Aktion benötigt. Aktienanleihen gibt in vielen Varianten und jeder muss für sich selber entscheiden, wie seine Risikobereitschaft aussieht. Relativ sicher kann man sich fühlen, wenn man eine Aktienanleihe mit einem großen Puffer (Abstand des akt. Aktienkurses zum Ausübungskurs) wählt. Ein 30%iger Puffer ist da sicher schon ganz gut. Und er muss ja auch nur für den Zeitraum der Schiebeaktion halten. Dafür sollte man aber schon besser mal 4 Wochen einkalkulieren. Geht aber auch schon mal in 1-2 Wochen. Hängt von den beteiligten Banken ab.

Wer es etwas abenteuerlicher mag (wie ich), der findet aber auch Aktienanleihen mit einem Kupon von 60% ! Gibt es momentan u.a. auf Aktien von z.B. Siemens, Volkswagen oder RWE.
Hier gibt es aber keinen Puffer, bzw. er ist negativ ! Dies ist schon DEUTLICH RISKANTER. Habe ich aber kürzlich selber erfolgreich praktiziert. Und habe sogar neben dem gewünschten Steuereffekt noch einen kleinen Gewinn erwirtschaftet. Aber das war eher Zufall, viel Glück und eigentlich auch nicht nötig. Ich hätte auch einen kleinen Verlust in Kauf genommen. Der Vorteil eines hohen Kupons liegt natürlich darin, dass weniger Kapital erforderlich ist, um einen vorgegebenen Stückzinseffekt zu bewirken.

Wer es noch einen Tick abenteuerlicher mag, bzw. nur wenig Kapital einsetzten will (oder kann), kann sich auch an einem möglichst niedrigen Kurs der Anleihe orientieren. Hier kommen dann allerdings nur Pleite-Kandidaten in Frage, wie z.B. Aktien-Anleihen auf Q-Cells. Hier gibt es momentan z.B. eine Aktien-Anleihe (TB6NGF) mit einem Kupon von zwar „nur“ 24,5 %, aber zu einem aktuellen Kurs von um die 11%. Bei einem Kauf einer Anleihe zu nominal 10.000 Euro zahlt man also nur ca. 1.100 Euro für die Anleihe und zusätzlich momentan ca. 3.000 Euro für die Stückzinsen. Insgesamt also ein Einsatz von etwas mehr als 4.000 Euro für einen Effekt von ca. 3.000 Euro. Das ist schon effektiv…

So – ich hoffe, ich habe gut genug erklärt… Die Materie ist nicht so ganz einfach. Aber ich denke es lohnt sich, ein bisschen Gehirnschmalz zu investieren. Ich wünsche jedenfalls allen, die es versuchen wollen, viel Erfolg !

Bis dahin, Der Privatier